Interview mit Frau Schloßer

Können Sie sich bitte kurz vorstellen?
Ich heiße Monika Schloßer, geborene Köpper und bin vor 75 Jahren im Dominikus
Krankenhaus geboren. Ich habe die 19. Grundschule, heute Münchhausen Grundschule,
besucht und habe den mittleren Schulabschluss in der Oberschule in Hermsdorf gemacht.
1962 wurde ich vom Pfarrer Born konfirmiert. Dann ging ich in die Lehre zum
Industriekaufmann (damals noch Kaufmann!) bei der Firma DIWAG Farbenfabrik, die sich
auf dem Gelände der heutigen Nordmeile befand. 1969 habe ich geheiratet. Bis zur Geburt
unserer Tochter habe ich bei der Firma gearbeitet und war danach Hausfrau. Ich habe mein
ganzes Leben in Waidmannslust verbracht, erst am Waidmannsluster Damm 124 und nach
meiner Heirat am Waidmannsluster Damm 122. 2013 ist mein Mann gestorben. 2017 ist
unser Mietshaus verkauft worden und die Mieten explodierten. Nach 49 Jahren musste ich
aus meiner alten Wohnung raus, habe aber in der Nähe ein wunderbares neues Zuhause
gefunden.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Kindheit in Waidmannslust?
Ich bin in einer Großfamilie groß geworden; 3 Generationen wohnten in einem Haus. Meine
Großeltern führten ein Futtermittelgeschäft und verkauften auch Kartoffeln und Eier. Auf dem
Hof gab es Hühner und Kaninchen, Katzen und einen Hund. Prägend in meiner Erinnerung
bleibt ein starker Familienzusammenhalt. Wir Kinder spielten auf dem Hof oder auch Kreisel
mitten auf der Dianastraße. Zur Schule lief ich mit den Kindern aus der Freien Scholle, die
mich abholten. Es gab viele Geschäfte am Waidmannsluster Damm, mehrere kleine
Lebensmittelgeschäfte, einen Bäcker, 2 Fleischereien, ein Juwelier, ein
Schreibwarengeschäft, Kneipen, eine Polizeistelle. Ich ging oft zum Lebensmittelgeschäft bei
Wichmanns am Waidmannsluster Damm 126 und wurde mit „Monika, der Lenz ist da“
begrüßt. Es war wie eine große Familie. Es wurde in den Fleischereien auch geschlachtet
und ich musste das Blut in einer Kanne holen; die Kanne wurde geschlossen und musste auf
dem Weg nach Hause ständig geschlenkert werden. Zu Hause wurde Blutwurst gemacht. Ja,
es ging sehr familiär zu; jeder kannte jeden.

Erinnern Sie sich an Kriegsruinen in den 50ger Jahren?
Ja. Wir haben in den Ruinen gespielt, obwohl wir natürlich nicht durften. Eine Fliegerbombe
hatte das Haus getroffen, wo jetzt am Waidmannsluster Damm die Reihenhäuser stehen. Es
war unser Abenteuerspielplatz.

Wie sehen Sie Waidmannslust heute?
Ich fühle mich nach wie vor in Waidmannslust wohl, aber es ist anonymer, ja steriler
geworden. Wenn ich ältere Waidmannsluster/innen treffe, tauschen wir uns über die
Vergangenheit aus, aber es wird immer seltener. Ich wünsche mir mehr Zusammenhalt und
Begegnungsmöglichkeiten; ich freue mich über den neu gestalteten Dianapatz, wo viele
Familien sich treffen. Ich habe gute Kontakte in meinem Haus, bin ehrenamtlich in der
Kirchengemeinde aktiv und noch mit dem TV Waidmannslust , den mein Opa mit gegründet
hat, verbunden.


Vielen Dank für dieses Gespräch
Christine Paulisch (für die Initiative Waidmannslust)